Im Roman wird – in der ersten Staffel – eine sehr reduzierte Welt dargestellt. Anstatt wie in vielen Zukunftsromanen üblich, technologischen Fortschritt darzustellen, beschreibt “Parallelwelt 520” eine Welt – fast – ohne Computer oder Handy, mit zerstörter bzw. verfallender Infrastruktur, wie Straßen oder Verkehrsmittel, oder auch allgemeine Armut und kaputte Gesundheit.

Ist das nicht ein bisschen sehr pessimistisch bzw. unrealistisch? In Wirklichkeit werden wir gegen Ende des 21. Jahrhunderts doch wahrscheinlich in ungeahntem technologischem Fortschritt leben… Künstliche Intelligenz, Virtual Reality, Gen-gekrisperte Kinder, Retortenfleisch, unendliche Energie dank… ja, das weiß jetzt noch keiner!

Vielleicht. — Aber vielleicht entwickelt es sich auch anders. Anzeichen dafür existieren bereits in unserer Welt. Das schöne fortschrittliche Leben, das wir führen, mit wenig anderen Sorgen als das neueste iPhone, die angesagtesten Klamotten oder die stylischste Wohnung, etc., dieses Leben haben nicht alle Zeitgenossen auf dem Planeten. Eigentlich trifft es sogar auf die wenigeren zu…

Da gibt es Länder, die werden als “failed state” bezeichnet: “zerfallene Staaten”. Das sind Länder, in denen es quasi keine Regierung mehr gibt, meistens als Ergebnis von Kriegen oder eines Macht-Putsches. Da kämpfen Warlords und Gruppen um die Macht, oft Jeder gegen Jeden. Keine der Kampfparteien interessiert das Wohl der Bevölkerung, sondern ausschließlich ihre Macht. Und dafür gehen sie – sprichwörtlich – über Leichen!

Das gilt ebenso für Länder, die zwar einen Machthaber haben  ‑ oft bezeichnen die sich mit dem demokratischen Ausdruck “Präsident” ‑, der aber nicht wirklich gewählt, sondern per Putsch an die Regierung gekommen ist. Und dann im Amt bleibt nicht für eine oder ein paar Wahlperioden, sondern für Jahrzehnte! Und wenn sie wirklich einmal abtreten müssen, z.B. durch Tod, dann gibt’s keine Neuwahl, sondern der Sohn ist der Thronfolger: So z.B. Bashar Al Assad in Syrien, Kim Yong Un in Nordkorea. Im Irak hatte Sadam Hussein schon seinen Sohn entsprechend installiert; nur ist ihm dann der Krieg in die Quere gekommen. Was es für das Land nicht besser gemacht hat! Alle diese Herrschaften sind nicht an den Menschen in ihrem Land interessiert, sondern daran, aus dem Land so viel Reichtum herauszuholen wie möglich. Korruption, Betrügerei, Lügen und Gewalt-Gewalt-Gewalt!

Und während die Machthaber solcher merkwürdiger Weltecken in unglaublichem Reichtum und Luxus leben, sieht es für die Menschen, die das Pech haben, dort leben zu müssen, ganz anders aus.

Wie ist das, in einem failed state zu leben?

Man wird nicht durch Gesetze geschützt, sondern ist der Willkür der Machthaber ausgeliefert, siehe sogar Türkei (die noch nicht einmal zu den failed states gezählt wird): Wenn jemand findet, dass du ins Gefängnis gehörst, wirst du gefangen genommen, und es gibt nichts und niemanden, das/der dir helfen kann. Kein Anwalt, kein Gesetz, auf das du dich berufen kannst. Du kannst gefoltert werden, und niemand ist da, bei dem du dich beschweren kannst. Niemand holt dich aus dem Knast wieder heraus. Du kannst umgebracht werden, und es schert niemanden.

Und wenn jemandem, z.B. den Milizen des Machthabers, dein Haus, deine Frau, dein Eigentum gut gefällt, na, dann wird eben ein bisschen geplündert und vergewaltigt.

Infrastruktur

Während unsereins täglich in sein Auto, gerne ein SUV, steigt oder zur nächsten U-Bahn, -Bus- oder Straßenbahnhaltestelle geht, existiert dergleichen quasi nicht. Straßen, öffentliche Verkehrsmittel, Busse, Eisenbahn, geschweige denn U-Bahn gibt es nicht oder wurde zerstört. Wer unterwegs sein muss, muss sich u.U. auf seine Füße oder auf archaische Verkehrsmittel verlassen wie Fahrrad oder gar Pferd und Wagen.

Arztbesuch oder Behandlung im Krankenhaus: bei uns selbstverständlich. In Staaten wie z.B. Somalia ebenfalls quasi nicht existent. Im günstigen Fall kommt man nach einem Tagesmarsch zu einer UN-Klinik, in der ein paar überarbeitete “Ärzte ohne Grenzen” verzweifelt gegen das Elend ankämpfen. Brauchst du allerdings ein wirksames Medikament, wie z.B. Antibiotika: gibt es sehr wahrscheinlich nicht! Dann ist man ziemlich schnell in Lebensgefahr!

Krankschreibung wie bei uns gibt es natürlich auch nicht. Aber das ist auch schon egal: Denn einen Job hättest du in so einem Land höchstwahrscheinlich auch nicht.

Lebenserwartung:

Während wir auserlesene Nahrung essen, uns fit halten und überhaupt alles tun – und dies auch können ‑, um ca. 90 Jahre alt zu werden, sieht es in Teilen der Welt ziemlich anders aus: Wenn man die Liste der Failed States runterliest, fällt eine Gemeinsamkeit auf: Die Menschen werden nicht älter als um die 50 Jahre. — Das ist knapp mehr als die Hälfte unserer Lebenserwartung.

 

Wohnen und Leben

Unsereins schlufft morgens ins Badezimmer, wirft die elektrische Zahnbürste an und dreht die Dusche auf, aus der schönes warmes sauberes Wasser kommt. — Das dürfte in Somalia, Syrien, dem Tschad oder Pakistan ein Problem sein. Denn es gibt oft nichtmal Wasser aus der Leitung, und wenn doch, dann wahrscheinlich verschmutzt und gesundheitsgefährdend! Überhaupt sauberes Wasser! Ohne Abkochen geht gar nichts! In vielen Ländern muss man Wasser sogar mühselig aus einem Brunnen oder sonstiger Quelle kilometerweit nach Hause schleppen.

Und wo Wasser so rar ist, bringt es auch nichts, seine Wohnung zu putzen, das geht schlicht nicht. Also lebt man in diesen Ländern mitten im Dreck! Mit dem Dreck kommt Ungeziefer, und mit diesem Krankheiten! Und wenn du dann einen Arzt brauchst… siehe oben!

 

Und es gibt sogar Länder und Gegenden, in denen die Menschen nichtmal ein Klo haben. Wen es “drückt”, der hockt sich irgendwo in die Landschaft. In manchen Ländern ist das Fehlen von Toiletten sogar ein Geschäftsmodell: Da ziehen Dienstleister von Wohnung zu Wohnung und nehmen – gegen Entgelt – den Inhalt des Nachttopfes mit.

Bei uns sitzen wir abends zu Hause und haben per Knopfdruck elektrisches Licht. In Nigeria, Kongo oder Haiti Fehlanzeige; da hast du Glück, wenn es Kerzen oder Öllampen in der Hütte gibt.

Nahrung

In einem “Failed State” darfst du nicht heikel sein. Gluten- oder Laktosefrei, Bio- oder vegan — kannst du vergessen! Und erst recht natürlich Kaffeekapseln. Geschweige denn “Thermomix” & Co. — In diesen Ländern geht es nur um eins: halbwegs satt werden! Und da sucht man sich sein Abendessen schon mal aus der Mülltonne und wäscht das angerottete Gemüse im Wasser der Straßenrinne.

Medien und Internet

(s. auch meinen letzten Blogartikel) ist i.d.R. vor allem möglich, wenn man elektrischen Strom hat, denn ohne gibt es keine Computer, geschweige denn Internet. Auch TV und Radio sind ohne Strom nicht funktionsfähig.

Handy: Geht nur, wenn die entsprechenden Funkzellen vorhanden sind.

 

Überhaupt: Energie und elektrischer Strom

Dass man ohne Strom keinen Kühlschrank betreiben kann, ist vielleicht ein kleineres Problem, denn man hat entweder keinen Kühlschrank, oder man hat nix drin, was es zu kühlen gälte.

Kochen mit Elektro und auch Heizen geht aber auch nicht.

Na, macht nix, das kann man natürlich auch auf althergebrachte Weise mit offenem Feuer. Dazu braucht man nur ein bisschen Kuhdung oder, wenn man den nicht hat, ‑ weil die letzte Kuh längst aufgegessen oder verhungert ist, oder beides ‑, holzt man mal eben ein paar Wälder ab. Regenwald darf auch dabei sein.

Geld

Hat entweder keiner, bzw. nur der Regierungschef, oder es ist nichts wert.

Die Liste könnte man noch ein paar Meter weiter führen. Es lohnt sich, mal bei Amnesty International reinzuschauen, oder sich diese Liste anzusehen: https://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/infoline_nt/thema_nt/article129044598/Failed-States-gescheiterte-Staaten.html

oder: http://www.laenderdaten.de/indizes/failed_state_index.aspx

oder: https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_countries_by_Fragile_States_Index

Alles in allem führen diverse Ranking-Listen der “failed states” fast 40 Staaten auf, die praktisch als gescheitert gelten. Ein riesig großes Mittelfeld gilt als “Achtung!” bis “am Abrutschen”. Demgegenüber sind die stabilen Staaten nur einige wenige.

Um bis zum Ende des Jahrhunderts weltweit den tollen Zukunfts-Standard zu erreichen, den wir uns erträumen, müssen wir uns wohl noch gewaltig anstrengen. Sonst dürfte es im Jahr 2089 tatsächlich ein bisschen so aussehen wie in der “Parallelwelt 520”